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 Aktuelles rund um den Chiemsee Aktuelles rund um den Chiemsee
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 +=====Bartgeier Vinzenz auf spektakulärer Deutschlandreise=====
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 +{{ https://www.chiemgau-wiki.de/_media/vinzenz.jpg?200w=120&h=120&tok=b5acc3|Bartgeier Vinzenz auf spektakulärer Deutschlandreise}}
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 +Zum ersten Mal fliegt einer der in Berchtesgaden ausgewilderten Vögel bis an die Nordseeküste – Zwischenstopp in den Niederlanden
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 +Berchtesgaden/Hilpoltstein/Oldenburg, 18.06.2025 – Der 2024 in den bayerischen Alpen ausgewilderte Bartgeier Vinzenz hat einen spektakulären Ausflug hinter sich: Nach einem über 1.600 Kilometer langen Flug durch Bayern, ganz Westdeutschland und die Niederlande konnte er am Montagabend in der Nähe von Oldenburg eingefangen werden. Die Projektverantwortlichen des bayerischen Naturschutzverbands LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) und des Nationalparks Berchtesgaden zeigten sich über den sicheren Ausgang der außergewöhnlichen Deutschlandreise erleichtert. Da der eigentliche Lebensraum der Bartgeier das Hochgebirge ist, verirren sich die majestätischen Greifvögel nur äußert selten in flachere Regionen. Vinzenz hat bei seinem ausgedehnten Streifzug rund zehn Prozent seines Körpergewichts verloren, befindet sich aber in stabiler Verfassung und wird nun erst mal in einer auf Greifvögel spezialisierten Auffangstation versorgt, um dann wieder in die Alpen zurückkehren zu können.
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 +Von den bisher zehn im Zuge des Projekts im Nationalpark Berchtesgaden ausgewilderten jungen Bartgeiern ist es das Projektteam eher gewöhnt, dass die Greifvögel teils ausgedehnte Ausflüge in andere Alpenregionen wie die Schweiz, Italien oder Österreich unternehmen. „Dass ein kleiner Teil der jungen Bartgeier gelegentlich weite Ausflüge nach Norden unternimmt, ist zwar bekannt, aber natürlich wird man schon leicht nervös, wenn man plötzlich zum ersten Mal solche GPS-Daten eines besenderten Vogels aus dem eigenen Projekt erhält“, berichtet LBV-Projektleiter Toni Wegscheider.
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 +Projektleiter Ulrich Brendel vom Nationalpark Berchtesgaden erklärt: „Solche Suchflüge nach potenziellen Lebensräumen sind für junge Bartgeier nicht ungewöhnlich – es gibt bereits Nachweise darüber aus Polen, Großbritannien und den Niederlanden. Aber sie sind immer riskant.“ Besonders die dichte Verteilung von Windkraftanlagen stellt lokal und vor allem an den Küsten eine ernsthafte Gefahr dar. In einem sehr ähnlichen Fall wurde in den Niederlanden vor wenigen Jahren ein junger Bartgeier tödlich verletzt, ein anderer von einem Zug erfasst.
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 +Nachdem Vinzenz am Dienstag von der Bergregion um Garmisch zunächst bis in die Oberpfalz geflogen war, drehte er am Mittwoch zunächst wieder nach Süden um, um dann aber bei München nach Westen abzubiegen und in der Folge weite Teile Westdeutschlands zu überfliegen. So führt die Route seiner Deutschlandreise am Donnerstag und Freitag über Heilbronn, Mannheim, Mainz und Dortmund, bis er schließlich nördlich von Nordhorn die Niederlande erreichte. „In Holland wurde seine Anwesenheit am Wochenende von der lokalen Ornithologen-Szene mit immensem Interesse verfolgt. Zahlreiche Vogelkundler dokumentierten dort seine Rastplätze und teils versammelten sich dutzende Birdwatcher gleichzeitig an den Bäumen, in denen Vinzenz seine Pausen auf dem Weg über Groningen bis an die Nordseeküste einlegte. Er wurde vielfach auf niederländischen Plattformen für Vogelsichtungen gemeldet und schaffte es sogar in die dortigen Nachrichten“, berichtet Toni Wegscheider.
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 +Von den Niederlanden aus überquerte Vinzenz am Sonntag bei Emden die Grenze zurück nach Deutschland und landete bei Oldenburg unerwartet direkt an einer Landstraße.  Da seine Position über den GPS-Tracker genau bekannt war und der Vogel bereits seit Tagen von ehrenamtlichen Helfern des Bartgeierprojekts im Auto verfolgt wurde, konnte die günstige Gelegenheit genutzt werden, um den nach seiner langen Reise etwas entkräftet wirkenden Vogel problemlos einzufangen. „Aufgrund unserer intensiven nationalen und internationalen Vernetzung hatten wir glücklicherweise auf fast jeder Station von Vinzenz‘ Flug engagierte Fachleute, die wir, ausgestattet mit den jeweils neuesten GPS-Daten, gezielt zu den aktuellen Aufenthaltsorten losten konnten“, zeigt sich Toni Wegscheider erleichtert. „So konnte der Geier bei Oldenburg durch den beherzten Einsatz zweier Greifvogelspezialisten in einem dichten Gebüsch neben der Straße ohne Risiko eingefangen werden.“
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 +Anschließend wurde Vinzenz tierärztlichen versorgt, wobei erste Untersuchungen keinen Hinweis auf Verletzungen, aber einen deutlichen Gewichtsverlust ergaben. Neben der Fütterung werden nun gezielte medizinische Checks durchgeführt, insbesondere eine Blutuntersuchung auf Blei. Da die Aufnahme bleihaltiger Munitionsreste in Überresten von Jagdwild flächendeckend zu den größten Gefahren für Greifvögel gehört, setzt sich der LBV schon lange für ein allgemeines Verbot bleihaltiger Jagdmunition ein.
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 +„Sobald Vinzenz sein Normalgewicht wieder erreicht und alle medizinischen Werte stabil sind, ist eine Rückführung in die Alpen vorgesehen. Über Ort und Zeitpunkt wird in enger Abstimmung mit den zuständigen Fachstellen entschieden“, kündigt Ulrich Brendel an.
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 +Zum Projekt:
 +Der Bartgeier (Gypaetus barbatus) zählt mit einer Flügelspannweite von bis zu 2,90 Metern zu den größten, flugfähigen Vögeln der Welt. Anfang des 20. Jahrhunderts war der majestätische Greifvogel in den Alpen ausgerottet. Im Rahmen eines großangelegten Zuchtprojekts werden seit 1986 im Alpenraum in enger Zusammenarbeit mit dem in den 1970er Jahren gegründeten EEP (Europäisches Erhaltungszuchtprogramm) der Zoos junge Bartgeier ausgewildert. Das europäische Bartgeier-Zuchtnetzwerk wird von der Vulture Conservation Foundation (VCF) mit Sitz in Zürich geleitet. Während sich die Vögel in den West- und Zentralalpen seit 1997 auch durch Freilandbruten wieder selbstständig vermehren, kommt die natürliche Reproduktion in den Ostalpen nur schleppend voran. Ein vom bayerischen Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) und dem Nationalpark Berchtesgaden gemeinsam initiiertes und betreutes Projekt zur Auswilderung von jungen Bartgeiern im bayerischen Teil der deutschen Alpen greift dies auf und unterstützt in Kooperation mit dem Tiergarten Nürnberg die alpenweite Wiederansiedelung. Dafür werden in den kommenden Jahren im Klausbachtal junge Bartgeier ausgewildert – im Jahr 2021 erstmals in Deutschland. Der Nationalpark Berchtesgaden eignet sich aufgrund einer Vielzahl von Faktoren als idealer Auswilderungsort in den Ostalpen.
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 +Mehr Informationen zum Projekt unter www.lbv.de/bartgeier-auswilderung.
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 +=====Frühstarterin erobert die Lüfte: Bartgeier Generl hebt ab=====
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 +{{ https://www.chiemgau-wiki.de/_media/gp-13-25_bartgeier_generl_erstflug_12.06.2025.webp?200w=120&h=120&tok=38e21d|Bartgeier Generl hebt ab}}
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 +**Nationalpark Berchtesgaden und LBV feiern geglückten Jungfernflug – 2024 ausgewilderter Bartgeier Vinzenz macht Ausflüge bis nach Rheinland-Pfalz**
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 +Berchtesgaden/Hilpoltstein, 13.06.2025 – Überraschend früh hat der erste der beiden in diesem Jahr ausgewilderten Bartgeier seinen Jungfernflug absolviert. Denn erst vor 16 Tagen haben der bayerische Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) und der Nationalpark Berchtesgaden die beiden Junggeier „Generl“ und „Luisa“ in eine Felsnische im Klausbachtal entlassen. „Am Donnerstagmorgen ist Generl im Alter von nur 107 Tagen bei idealen Bedingungen abgehoben, deutlich vor den üblichen 120 Tagen solcher Nestlinge“, berichtet LBV-Bartgeierexperte Toni Wegscheider. Beide Vögel hatten in den vergangenen zwei Wochen seit ihrer Auswilderung mit intensiven Flügelschlägen und Flattersprüngen ihre Flugmuskulatur gestärkt. „Ein sauberer, sicherer Flug – das hat das ganze Team verblüfft. Wir hatten nicht mit Generls früher Startbereitschaft gerechnet“, sagt Nationalpark-Projektleiter Ulrich Brendel. Mit dem erfolgreichen Abflug ist ein weiteres Kapitel in der Wiederansiedlung des imposanten Alpenvogels aufgeschlagen.
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 +Luisa, die zwar gleich alt, aber deutlich kleiner und leichter als Generl ist, macht bisher keine Anstalten ihrer Nestgenossin zu folgen. Bis auf kleine Auseinandersetzungen haben sich beide Vögel in der Nische gut vertragen, trotzdem sind sie sich oft erkennbar aus dem Weg gegangen. Daher erwarten die Expertinnen und Experten vor Ort auch keinen „Zugeffekt“ wie bei Nepomuk, der 2023 ebenfalls im Alter von 107 Tagen gestartet ist. „Unser ‚Mukl‘ hatte eine äußerst enge Bindung an die ältere Sisi und hielt es nach deren regulär verlaufenden Erstflug einfach nicht mehr allein in der Nische aus. Das Bartgeier-Monitoringteam hat vor Ort genau im Auge, wie stark der Drang von Luisa sein wird, ihrer Nestgenossin zu folgen“, so Nationalpark-Projektleiter Ulrich Brendel.
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 +Aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre geht das Bartgeier-Team von Nationalpark Berchtesgaden und LBV davon aus, dass sich die ausgeflogene Generl in den nächsten Tagen nur verhalten wieder in die Luft wagen wird. Direkt nach ihrer ersten Landung zog sie sich kletternd in ein steiles System von Felsrinnen zurück und dürfte vorerst mehr zu Fuß als auf den Schwingen unterwegs sein. Für beide Geier legt das Team nun – möglichst ohne menschlichen Kontakt – getrennt Futter aus. Wenn auch Luisa den Erstflug gewagt hat, werden die etablierten Futterplätzen außerhalb der Nische bestückt, bis die Vögel im Spätsommer das Gebiet verlassen und selbständig werden.
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 +Bartgeier Vinzenz auf Abwegen
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 +Als ob der Frühstart von Generl nicht schon aufregend genug für das Bartgeierteam wäre, hält auch der 2024 ausgewilderte Vinzenz die Projektleitung auf Trab. „Nach einer weitgehend normalen Entwicklung über seinen ersten Winter hinweg waren wir äußerst überrascht, als die GPS-Daten des Senders von Vinzenz sich vor wenigen Tagen plötzlich klar aus den Alpen heraus bewegten“, sagt LBV-Bartgeierexperte Toni Wegscheider. Der junge Geier flog souverän quer über Bayern bis in die Oberpfalz, kehrte dann ein Stück nach Süden zurück und drehte unvermittelt nach Westen ab. In der Nähe von Koblenz in Rheinland-Pfalz wurde nun der letzte Datenpunkt gesendet, wobei der vitale Vinzenz wohl noch nicht an eine Rückkehr in die Berge denkt.
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 +Regelmäßig fliegen einige junge Bartgeier aus dem Alpenraum nach Norden und wurden schon in Großbritannien, den Niederlanden und in Polen nachgewiesen. Solche Suchflüge nach neuen Lebensräumen sind daher nicht allzu ungewöhnlich, aber immer mit erheblichen Gefahren verbunden. „Schon mehrfach wurden solche Jungvögel geschwächt, verletzt oder sogar tot im Flachland gefunden“, berichtet Toni Wegscheider. Besonders das Risiko, dass die Bartgeier dort Überreste von Jagdwild finden, die Splitter aus Bleimunition enthalten, ist immens. Blei stellt für alle Wirbeltiere, wie auch den Menschen, besonders aber für Greifvögel ein starkes Nervengift dar. Deshalb fordert der LBV eine flächendeckende Umstellung auf bleifreie Jagdmunition. Bei der Wildbestandsregulierung im Nationalpark Berchtesgaden kommt bereits seit mehreren Jahren ausschließlich bleifreie Munition zum Einsatz. Anhand der vom Sender laufend übermittelten GPS- und Vitaldaten verfolgt das Bartgeierteam den Weiterflug von Vinzenz genau, um bei Auffälligkeiten sofort reagieren zu können.
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 +Führungen und Beobachtungsmöglichkeiten
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 +Am offiziellen Bartgeier-Infostand im Nationalpark an der Halsalm, der auf einer Wanderroute liegt, können sich in den kommenden Wochen alle Besuchenden täglich bei den Projektmitarbeitenden erkundigen, wo genau sich Generl und Luisa gerade aufhalten und wo man sie beim Beobachten am wenigsten stört. Sowohl der LBV als auch der Nationalpark Berchtesgaden bieten jeden Dienstag und Donnerstag kostenlose Bartgeier-Führungen an, für die jedoch eine Anmeldung erforderlich ist. Informationen gibt es unter www.nationalpark-berchtesgaden.bayern.de im Bereich Veranstaltungen sowie unter bartgeier@lbv.de. Wie sich Luisa in der Felsnische weiter entwickelt und wie sie ihre ersten Flugübungen macht, kann jede und jeder über die Bartgeier-Live-Webcam mitverfolgen unter www.lbv.de/bartgeier-webcam sowie unter www.nationalpark-berchtesgaden.bayern.de.
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 +Zum Projekt:
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 +Der Bartgeier (Gypaetus barbatus) zählt mit einer Flügelspannweite von bis zu 2,90 Metern zu den größten, flugfähigen Vögeln der Welt. Anfang des 20. Jahrhunderts war der majestätische Greifvogel in den Alpen ausgerottet. Im Rahmen eines großangelegten Zuchtprojekts werden seit 1986 im Alpenraum in enger Zusammenarbeit mit dem in den 1970er Jahren gegründeten EEP (Europäisches Erhaltungszuchtprogramm) der Zoos junge Bartgeier ausgewildert. Das europäische Bartgeier-Zuchtnetzwerk wird von der Vulture Conservation Foundation (VCF) mit Sitz in Zürich geleitet. Während sich die Vögel in den West- und Zentralalpen seit 1997 auch durch Freilandbruten wieder selbstständig vermehren, kommt die natürliche Reproduktion in den Ostalpen nur schleppend voran. Ein vom bayerischen Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) und dem Nationalpark Berchtesgaden gemeinsam initiiertes und betreutes Projekt zur Auswilderung von jungen Bartgeiern im bayerischen Teil der deutschen Alpen greift dies auf und unterstützt in Kooperation mit dem Tiergarten Nürnberg die alpenweite Wiederansiedelung. Dafür werden in den kommenden Jahren im Klausbachtal junge Bartgeier ausgewildert – im Jahr 2021 erstmals in Deutschland. Der Nationalpark Berchtesgaden eignet sich aufgrund einer Vielzahl von Faktoren als idealer Auswilderungsort in den Ostalpen. 
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 +Mehr Informationen zum Projekt unter www.lbv.de/bartgeier-auswilderung.
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